Eine Elternzeit, zwei Ausbildungen und viele spannende Aufträge – Ein Gespräch mit Myrna Stuckert

Autor: Friederike Schöch

· Veröffentlicht: · Zuletzt aktualisiert: ·

Ausbildung Systemische Organisationsberatung, Coaching, Interview, Organisationsentwicklung

· 10 Min. Lesezeit

Interviewreihe zum Jubiläum: 25 Jahre Ausbildung Systemische Organisationsberatung

Was tun, wenn nach einer Elternzeit ein beruflicher Wechsel ansteht? Myrna Stuckert hat diese Frage für sich selbst mit der Entscheidung zu gleich zwei Ausbildungen an der IOS Akademie parallel beantwortet. Heute arbeitet sie als Personalexpertin, Organisationsberaterin und Coach, begleitet Organisationen und Teams und schult Führungskräfte in Sachen Kommunikation.

Mit Johannes Schley hat sie als Alumna der Akademie und praktizierende Organisationsberaterin über Leichtigkeit an jedem Tag und nachhaltige Kundenbeziehungen gesprochen. Und darüber, dass sie Menschen lieber das Fischen beibringt als selbst Fisch zu servieren.

Myrna Stuckert

Interview:

JOHANNES:  Liebe Myrna, in diesem Jahr feiern wir am IOS 25 Jahre Ausbildung Organisationsberatung. Du hast ja als Einzige beide Ausbildungen, also auch die Ausbildung Systemisches Coaching, parallel gemacht. Wie kam es dazu?

MYRNA:  Ich wollte mich umorientieren, weil ich wusste, dass ich nach der Elternzeit meinen vorherigen Job als Personaldirektorin bei Montblanc eben nicht mehr machen konnte oder machen wollte. Da habe ich mich gefragt, welche Fortbildungen ich machen kann. Auf einer Messe habe ich mit deiner Mutter gesprochen, und die erzählte mir von Organisationsberater:innen. Sie hat mir auch vom Coaching erzählt und das waren für mich beides spannende Themen. Daraufhin bin ich in mich gegangen und habe gewusst, dass ich die Ausbildung zur Organisationsberaterin unbedingt am IOS machen will. Dann kam der Gedanke, in der Elternzeit beide Ausbildungen zu machen. Und das war auch die beste Entscheidung. Für mich war es so, dass ich in der Elternzeit ein bisschen mehr Zeit hatte und das passte dann bei mir sehr, sehr gut. Und jetzt kann ich sagen, ich nutze beide Ausbildungen gerade jetzt in meiner eigenen Selbstständigkeit sehr viel. Es hat mir viel gebracht.

JOHANNES: Das war natürlich auch für uns der ultimative Check, ob beide Ausbildungen wirklich eigenständig sind.  Ich würde, sagen, der Beweis wurde damit angetreten, oder?

MYRNA: Ja! Es sind zwei Themen, die sich eben gut miteinander verbinden lassen. Also, wenn ich jetzt eine Strategie im Personalbereich für einen Kunden erstelle, dann nutze ich natürlich meine Kenntnisse als Organisationsberaterin. Diese Strategie muss dann natürlich auch umgesetzt werden von den Führungskräften, und da coache ich dann auch. Diese Kombination ist einfach das, was mir Spaß bringt. Dass ich nicht nur die Strategie mit dem Kunden zusammen erstelle, sondern dass ich dann auch noch in die Umsetzung involviert bin. Daraus entstand, dass ich zum Beispiel Führungskräfte im Bereich Kommunikation coache und trainiere. Ja! Diese Kombination passt für mich ideal.

JOHANNES: Magst Du vielleicht ein bisschen mehr darüber erzählen, was jetzt dein Fokus ist? Für uns ist spannend, was Du daraus gemacht hast. Bei uns gehen nicht x-mal die gleiche Person aus der Ausbildung – normiert durch die Inhalte. Sondern da macht jeder sein Eigenes draus. Und ich finde das spannend bei dir zu hören, was bei dir als das Eigene daraus entstanden ist.

MYRNA: Also vielleicht noch mal ein Schritt zurück: Was hat mir die Ausbildung gebracht? Also ich fand einerseits die Zusammensetzung der Leute, die war sehr gut ausgewählt. Weil man auch voneinander sehr stark lernt. Zusätzlich gab es auch die psychologischen Aspekte, die Modelle dazu, die fand ich hilfreich. Genauso auch die Buchpräsentationen, die wir gemacht haben.

Was ist jetzt daraus entstanden? Jetzt bin Organisationsberaterin. Wobei mir am Anfang sicherlich noch nicht so bewusst war, dass es das Wichtigste ist, herauszubekommen, was wirklich das Problem ist. Ich nutze stark das Auftragsgespräch, um früh in die Tiefe zu gehen. Als Organisationsberaterin und Coachin lehre ich die Leute dann, selbst zu fischen und ich gebe ihnen nicht einfach nur den Fisch zum Essen. Ich versuche, die Leute zu befähigen, eben selbst auch zu den Lösungen zu kommen und selbst weiterzumachen. Damit ich mich dann irgendwann herausziehen kann. Ich glaube das Interessante daran ist, dass wir keine Expertenberatung machen. Ich gebe den Menschen jetzt nicht, sagen wir, eine Gehaltsanalyse, sondern sorge dafür, dass man dafür zusammenarbeitet, und ich die Leute eigentlich durch systemische Fragen dazu bringe, gemeinsam eine Lösung zu finden. Ich befähige sie vielleicht, nächstes Mal auch selbst auf diese Gedanken und Fragen zu kommen. Das ist so der Aspekt der Organisationsberatung.

JOHANNES: Da könnte man ja sagen eigentlich ist es ja unklug, als jemand der selbständig ist, den Kunden in die Eigenständigkeit zu begleiten und in die eigene Stärke. Aber wahrscheinlich ist deine Erfahrung auch, dass das zu nachhaltigen Beratungsbeziehungen führt, oder? Wie erlebst du das?

MYRNA: Ich werde ganz viel über Mund zu Mund Propaganda weiterempfohlen. Das ist das Beste. Als Einzelkämpferin, die nicht in einem großen Unternehmen arbeitet, wo allein der Name schon viel sagt, ist es vielleicht auch sonst schwierig, Akquise zu betreiben. Aber wenn man empfohlen wird und die Kunden sagen „Mensch, das hat wirklich super geklappt“, das ist das beste Marketing, was man haben kann. Und ganz ehrlich, Johannes, ich arbeite zwar nicht Vollzeit, aber ich habe genügend Aufträge in diesem Bereich. Ich musste noch nie Kaltakquise machen.

Und das ist super so, die Kombination. Ich glaube, diese Weiterempfehlungen sind so wichtig, denn die, die so zu mir kommen, sind dann auch treue Kunden. Wenn wir beispielsweise eine Strategie entwickelt haben, passiert es, dass sie sagen: `Wir wissen, dass du auch Coaching anbietest. Wir haben hier eine Führungskraft, da möchten wir gerne, dass die von dir gecoacht wird`. Oder, dass jemand sagt, wir wollen jetzt mal eine Teamberatung, im Team da gibt es Probleme, mach doch mal eine Persönlichkeitsanalyse und zeige das Teamrad auf.` So entstehen langfristige Beziehungen. Manchmal ist es zwischen mir und einem Kunden auch zwei Jahre lang still, aber dann kommen sie wieder. Das ist das Schöne, dass ich so viele langfristige Kunden habe, auch wenn sie Vieles eben schon alleine machen können.  Das Vertrauen zu mir hat sich dadurch aufgebaut.

JOHANNES: Ich finde das schön, dass du dich als Organisationsberaterin bezeichnest, weil das war eine Erkenntnis, dass man das vor 30 Jahren so nicht hätte sagen können, und nun sind wir zwar nicht der einzige Anbieter, aber wir haben eben bereits 1999 diese Ausbildung begonnen und danach konnte man das einfach zu seinem Beruf, seiner Rolle, seiner Funktion machen. Jetzt bist du es einfach, und es scheint zu funktionieren und dir Freude zu machen. Was ist es, was du bei uns vorgefunden hast?

MYRNA: Die Tatsache, dass ihr selbst Berater:innen seid hat mich bewogen bei euch anzufangen. Ihr seid nicht nur ein Schulungsinstitut oder eine Akademie, sondern ihr beratet ja selber aktiv. In eure Ausbildung tragt ihr das mit rein, indem ihr Beispiele aus der Praxis integriert habt. Diese Praxisnähe fand ich toll, und eure Erfahrung, dass man immer das Gefühl hatte „Okay, die wissen was sie sagen, die machen es ja selber.“ Das ist auch etwas, was viele Kunden an mir schätzen, dass sie sich sagen können „Na ja, sie war schon mal im Vorstand, sie hat schon mal Personal gemacht und jetzt berät sie eben.“ Das ist eine ganz andere Glaubwürdigkeit, als wenn jemand nur eine akademische Ausbildung darin hat. Das hat mich damals überzeugt.

Auch im Coaching habt ihr Ausbilder:innen super zusammen harmoniert, euch die Bälle zugespielt und es hat sehr viel Spaß gebracht. Wir sind auch selber an unsere Grenzen gekommen und haben durch diese Ausbildung immer wieder eigenes Coaching erlebt, bei dem jede:r Einzelne auch viele Sachen aufgearbeitet hat. Diese Vertrauensverhältnisse in der Gruppe und auch diese Nähe und Offenheit, das habt ihr gut gemanagt. Ich weiß, dass es auch ganz anders sein kann. Ihr habt immer interveniert, wenn es kritisch wurde. Da waren wir als Teilnehmende auch dankbar.

JOHANNES: Sich den ernsten Themen in einer gewissen Leichtigkeit zu widmen oder zu nähern, das ist mir vor allem wichtig, denn das Leben ist schwer genug und dann sollte die Veränderung nicht noch schwerer sein.

MYRNA: Ja.

JOHANNES: Gibt es Themen, die sich vielleicht auch erst über die Zeit entwickelt haben, die dich in deiner Arbeit besonders beschäftigen?

MYRNA: Das Thema Kommunikation ist sehr präsent. Das ist auch der Grund, warum ich mit dem Schwerpunkt Organisationsentwicklung im Bereich Personal gestartet bin. Ich habe ganz viele Aufträge rund um die Frage von gelungener Kommunikation: Gewaltfreie Kommunikation, wertschätzende Kommunikation. Im Bereich Personal ist das ganz wichtig und das merke ich immer wieder. Viele versuchen, alles richtig zu machen, aber wenn sie dann nicht richtig kommunizieren, dann wird das Gute, was sie vielleicht herüberbringen wollen, nicht verstanden. Ich habe mit einer Freundin hierzu auch ein Buch geschrieben „Wertschätzende Kommunikation in der Personalarbeit“, das im Oktober im Haufe Verlag erscheint. Dort geben wir viele Tipps, Fallbeispiele, Checklisten und Arbeitshilfen, wie man in der Personalarbeit wertschätzend kommunizieren kann.

Ein anderer Aspekt der wertschätzenden Kommunikation ist auch, sich auf den Gesprächspartner:in einstellen zu können, auf diese Kombinationen der unterschiedlichen Persönlichkeiten. Manche müssen direkter angesprochen werden, andere eben indirekter, aber immer in einer wertschätzenden Art, mit der man eben die Beobachtung kritisch erläutert und nicht immer gleich bewertet. Das sind so Themen, die sind zur Zeit auch ganz stark gefordert. Grade durch das Homeoffice und durch Corona trifft man sich nicht mehr so häufig. In vielen Firmen sind 2 Tage in Präsenz und dann sind die Leute im Homeoffice, und die Firmen reduzieren ihre Büroflächen, weil sie vermeintlich die Plätze nicht mehr brauchen. Es entsteht ein hoher Grad an Mobilität, wenn keiner mehr einen Schreibtisch hat, sondern das alles viel beweglicher ist. Das sind Themen, da kommen auch viele Mitarbeitende nicht so wirklich mit zurecht.

JOHANNES: Das heißt, die Anlässe oder auch die Rahmenbedingungen der Kommunikation ändern sich, aber das Grundthema in der Kommunikation, wie diese gut funktioniert und wir gut zusammenkommen, ist eigentlich ein Dauerbrenner?

MYRNA: Ja genau, und ich bin ja auch sehr für so selbstverwaltende Teams und auch für Holokratie, da sind wir aber noch nicht so weit. Ich schaue immer wieder, ob ich mal so ein Unternehmen finde, oder vielleicht eine Abteilung, die da so ein bisschen weiter geht, wo der Chef dann mal loslassen kann oder so. Aber es ist ganz schwer solche total neuen Formen einzuführen, da wagen sich viele Firmen noch nicht so ran, das muss man sagen.

JOHANNES: Das Spannende, finde ich, sind da im Unterschied die Neugründungen, die gleich so beginnen. In der Richtung gibt es Hoffnung. Aber auch ich habe den Fall, bei dem ein großes Unternehmen sich da wirklich gewandelt hat, noch nicht so durchgängig miterlebt.

Jetzt noch mal vielleicht zum Abschluss, was ist denn das, was dich einfach erfreut in deiner Tätigkeit? Du hattest vorher ja auch schon eine erfüllende Rolle an der Spitze einer Organisation und jetzt hast du eine erfüllende Rolle als Begleiterin. Was ist es, was dich daran täglich fröhlich in den in den Tag schreiten lässt?

MYRNA: Mich motiviert es total, wenn ich helfen kann Konflikte zu lösen, wenn ich helfen kann, neue Strukturen so aufzuzeigen, dass sie funktionieren, wenn ich Führungskräfte dabei unterstützen kann, die Leute richtig zu motivieren, und dieses Aha-Erlebnis, das dann folgt.  Ein echtes „Wow, jetzt verstehe ich das!“ Diese Feedbacks sind für mich das, was mir total Spaß bringt.

JOHANNES: Ich gehe auch davon aus, dass die Führungsschmerzen, die Führungskräfte ihren Mitarbeiter:innen zufügen, nicht aus Boshaftigkeit passieren, sondern aus Unwissenheit, oder auch, da sie es bisher einfach nicht reflektieren konnten. Dann die Chance zu haben, da etwas für sich zu tun und andere Wege zu gehen, das ist wirklich ein Beitrag für etwas mehr Frieden.

MYRNA: Ja genau, und die Führungskräfte sind dann auch wirklich dankbar. Es ist doch so: Wir werden ständig geschult, um irgendeine Position zu erlangen, aber Vorgesetzte:r wird man einfach und zwar meist ohne irgendwelche Schulungen. Ja, und grade die sind dann ganz häufig sehr dankbar und sagen: „Endlich bekomme ich mal eine Schulung, so dass ich weiß, wie ich es anders machen kann.“ Das freut mich so, ja.

JOHANNES: Danke dir für deine Gedanken und den Austausch!

 

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